IWF - Beitritt Liechtensteins?

26.04.2024


Grundlage 

 

  • IWF Internationaler Währungsfonds 
  • IMF International Monetary Fund 
  • IWF und Weltbank haben ihren Sitz in Washington DC/USA, beide als Bretton-Woods-Institutionen bezeichnet. 
  • Gegründet 1944/45, heute 190 Mitgliedstaaten, Stimmrecht nach Kapitalanteil, Vetorecht der USA. 
  • Stimmrecht USA 16.5%, EU 21.4%, CH 1.17% 
  • USA und EU verfügen über eine Sperrminorität 

 

Zweck zusammengefasst: Zusammenarbeit betr. Geldpolitik, Währungspolitik, Währungsreserven, Zahlungsbilanzen, kurz Stabilität im internationalen Währungs- und Finanzsystem. 

 

Vertrauensverlust 

Immer wieder wurde die unverhältnismässige Macht der USA, anderer mächtiger Staaten sowie von Konzernen und der zutiefst prozyklische Ansatz des IWF hervorgehoben. 

 

In seiner Publikation "Globalization and its discontent/die Schatten der Globalisierung" legt Joseph Stiglitz dar, wie die Ideologie der freien Märkte des IWF und der Weltbank die wirtschaftlichen Krisen in Staaten Südostasiens und Lateinamerikas während der 90-er Jahre ausgelöst und verstärkt hat. Korrekterweise ist anzumerken, dass die Thesen von Joseph Stiglitz auch kritisiert wurden, im wesentlichen weniger die wirtschaftswissenschaftlichen Details, sondern der Stil der Präsentation. Die Thesen von J. Stiglitz fanden jedoch in der internationalen Wirtschaftspolitik und besonders in der Entwicklungsforschung grossen Anklang. Wie lautet nun die Hauptthese von Joseph Stieglitz: "Die Finanzinstitutionen IWF und Weltbank hätten Entwicklungsländern bestimmte politische Auflagen während und nach den Wirtschaftskrisen gemachtg, die die Lage der betroffenen Volkswirtschaften verschlechtert hätten". 

 

Mit der Aufhebung des "Goldstandards" im 1971 resp. mit der Aufhebung von fixen Wechselkursen wurde ein Teil des Zwecks des IWF obsolet. Mit der Blockierung von Devisenreserven Russlands im Februar 2022 resp. von Guthaben im Westen und der drohenden Konfiszierung dieser Devisenreserven  ist der Vertrauensverlust extrem angestiegen. Diese Massnahmen sind nicht nur rufschädigend, sondern bedeuten schlussendlich eine Zerstörung von Finanzplätzen. Das System "Bretton Woods", also IWF und Weltbank, ist somit arg lädiert und in Teilen der Welt nicht mehr glaubwürdig. 

 

Eine andere Analyse 

 

Ernst Wolff hat in seiner Publikation "Weltmacht IWF" 2014 die Kreditvergabe in verschiedenen Ländern umfassend analysiert und seine Sicht dargelegt. Einzelne Kapitel betr. Länder wie Jugoslawien, Argentinien, Island, Irland, Griechenland zu lesen ist ein Muss für ein vertieftes Verstehen. Wo stehen diese Länder wirtschaftlich und sozial heute? Die Analysen sind jeweils pointiert dargelegt und wenig schmeichelhaft für den IWF. Der Untertitel des Publikation lautet denn auch "Chronik eines Raubzugs" Das Lesen dieser Analyse ist nichts für schwache Nerven, jedoch empfehlenswert für ein vertieftes Verständnis. Es wird deshalb auf die Original-Publikation hingewiesen. Diese und ander Kritiken würden eine ausführliche Bearbeitung resp. Betrachtung erfordern. 

 

Entwicklungen / von West nach Ost 

 

Weltpolitik und Weltwirtschaft ändern sich drastisch. Saudiarabien, als Stütze des US-Dollars - des Petrodollars - wendet sich vermehrt China und Russland zu und rechnet Oel neu auch in anderen Währungen zBsp. in chin. Yuan ab. Diverse Länder wollen sich den BRICS-Staaten anschliessen resp. sind schon angeschlossen -Argentinien, Mexico, Aegypten, VAE - Durch Länder im asiatischen Raum/Afrika/Südamerika werden Organisationen gebildet mit gleichen Zielsetzungen wie UNO-Organisationen oder ähnlichen länderübergreifenden Organisationen. Diesbezüglich ist die Gründung der neuen Entwicklungsbank/New Development Bank im 2014 zu erwähnen, weil hier die Alternative zur Weltbank geschaffen wurde. Ein (asiatischer) Währungsfonds ist im Gespräch. Zudem bestehen Ausgrenzungen gg. Russland zu IWF-Sitzungen. Russland ist inzwischen aus dem SWIFT-System ausgeschlossen. 

 

Aufgrund des Stimmrechts im IWF profitieren die USA. Mit dem IWF und der Weltbank, heute noch entscheidender mit dem US-Dollar (Petrodollar) und dem SWIFT kann Druck auf einzelne Länder ausgeübt werden, die sich beim IWF verschuldet haben. Kritiker bezeichnen IWF und Weltbank als Waffen im Wirtschaftskrieg. IWF-Kredite sind durchwegs an Konditionen gebunden, die der Politik resp. den Interessen der USA dienen. 

 

All dies fördert die Entwicklung eigenständiger Organisationen ausserhalb des US- / EU-Raumes und erzwingt auch in Europa ein Umdenken. 

 

Bei einer Kreditvergabe stellt der IWF konkrete Bedingungen d.h. Strukturanpassungen, meistens Privatisierung und Deregulierung. Es ist somit nur eine Frage bis die neue Entwicklungsbank resp. ein alternativer Währungsfonds odder eine alternative Währung zum US-Dollar mit Sitz im asiatischen Raum IWF und Weltbank konkurrenzieren oder ersetzen werden. Die Kehrtwendung des treuesten Bündnispartners "Saudiarabien" ist ein deutliches Zeichen. Zudem hat Frankreich kürzlich (Macron) als erstes europäisches Land erklärt, eine Tranche Flüssigerdgas von Chna zu kaufen und in Yuan abzurechnen. 

 

(Auf die Thematik digitale Währung möchte ich in diesem Artikel nicht eingehen, obwohl der IWF an der Frühjahrstagung 2023 offiziell die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung bekannt gegeben hat.) 

 

Kreditbeanspruchung 

 

Welche Länder beanspruchen Hilfestellung des IWF? Es sind Länder die in "Not" sind und sie erhalten Kredite zu Bedingungen die für diese Länder meistens schwer verkraftbar sind und schlussendlich für diese Länder ein "Sicherheitsrisiko" sind. Die "Kreditbedingungen" treffen vor allem und immer die gesellschaftliche Unterschicht, also die Aermsten der Armen. 

 

Die Krux der Bedingungen der Kreditvergabe des IWF 

 

Privatisierung und Deregulierung sind die Stichworte. Nachstehend ein Beispiel der Kreditvergabe des IWF an die Ukraine. Ein 17 Mia. Kredit zeigt die Bedingungen. 

 

  • Deregulierung von Grund- und Bodenrechten 
  • Privatisierung von landwirtschaftlichen Flächen. 
  • Oeffnung der Ukraine für ausländische Investitionen. 
  • Anbau von GVO-Pflanzen ermöglichen. 
  • Rentenkürzungen/Erhöhung des Rentenalters. 
  • Erhöhung der Einkommenssteuer. 
  • Erhöhung der Erdgas-Endverbraucherpreise. 
  • (Quelle: Global research.ca/whose-grain-being-shipped-from-ukraine/5790604 by William Engdahl August 14. 2022; December 2022) 

 

Was bedeutet diese Privatisierung und Deregulierung für die Ukraine? Solche "politischen Kredite" werden die Ukraine zerstören. Die US-GVO-Agrarindustrien übernehmen dadurch die Kontrolle über grosse Teile ukrainisches Ackerland und Oligarchen übernehmen andere wichtige Wirtschaftssegmente. 

 

Aufschlussreich ist auch eine Aussage von Altbundeskanzler Helmuth Schmidt: 

"Der IWF trage erhebliche Mitverantwortung für die verheerenden Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahre in Südamerika, Russland und Südostasien, sagte Schmidt der Berliner Morgenpost. Der Währungsfonds habe durch seine Massnahmen weniger den betroffenen Ländern geholfen, als vielmehr risikoreiche Transaktionen von Banken in den USA und Europa gerettet, die leichtfertig Kredit vergeben hätten"  (Quelle: Der Spiegel 13.4.2000, Schmidt rechnet mit dem Währungsfonds ab) 

 

Schlussfolgerung 

 

Die Praxis der IWF-Kreditvergabe ist v.a. im globalen Süden sehr umstritten. Bezüglich der Ukraine ist erstmals auch eine grössere Kreditvergabe an ein kriegsführendes Land vergeben worden, schlussendlich ein Kredit mit politschen Auflagen der USA. Aufgrund all der Erfahrungen und der neueren Entwicklung des IWF selbst und der Ost-West-Entwicklung mit der Blockierung / ev. Konfiszierung von Devisenreserven Russlands sowie der Entwicklung alternativer Institutionen ist eine Mitgliedschaft im IWF heute in einem Zeitalter massivsten politischen, wirtschaftlichen Veränderungen,  für alle Länder kritisch zu hinterfragen und speziell für Liechtenstein nicht verträglich/nicht grössenverträglich. Ich wünsche mir eine vertiefte, verantwortungvolle Auseinandersetzung mit der Thematik IWF, insbesonders die Förderung der eigenen Stärken und der Rahmenbedingungen. 

 

Auto: Gebhard Frick